Saitenweise Harmonie
Damit ein Instrument klingt, muss nicht nur ein Musiker viel Gefühl in den Händen haben: Fingerfertigkeit ist bereits gefragt, wenn es darum geht, die Saiten herzustellen und auf die Gussplatte zu bringen. Bei AUGUST FÖRSTER haben wir solche Profis, aber es gibt sie auch anderswo, zum Beispiel im bayrischen Fichtelgebirge. In Röslau stellt ein Unternehmen aus profanen Stahldrähten hochwertige Saiten für Musikinstrumente her. Die werden bei uns weiterverarbeitet. Etliche Handgriffe sind nötig, bis die Saiten so vorbereitet sind, dass unsere Techniker mit ihnen die Gussplatte beziehen können. Dafür werden rund 230 Stimmnägel gebraucht, die von Hand in die Gussplatte eingeschlagen werden. Von diesen 230 Saiten sind bis zu 55 mit hochreinem Kupfer umsponnen. Das passiert ebenfalls in unserem Haus und verhilft den Basssaiten zu mehr Volumen. Bei einem Klavier ist die kürzeste Saite nur wenige Zentimeter lang, die längste fast 130 – auch, wenn der Rasten beispielsweise nur 116 Zentimeter hoch ist: Die Saiten werden überkreuz gespannt. Dazu kommt, dass die Saiten immer dicker werden, je tiefer der Ton ist: Die Stärke variiert von 0,875 bis sieben Millimeter – in Hundertstel-Millimeter-Schritten. „Das Know-How, eine Saite zu spinnen, ist grundlegend im Klavierbau“, sagt unser langjähriger Meister Olaf Mehlich. „Der Klang aller Saiten muss am Ende harmonieren. Das geht nur mit Erfahrung. Lediglich vom PC aus ist das nicht zu erreichen.“ Tatsächlich: Die letzte Entscheidung über eine Saite fällt das Gehör eines Spezialisten. Klingt sie exakt wie sie soll, und passt sie sich in den typischen AUGUST FÖRSTER-Klang ein? Erst dann geben wir uns zufrieden.
Über die Gussplatte geführt werden die Saiten unter anderem mit sogenannten Agraffen. Sie ermöglichen ein sehr präzises Unterteilen der Saite in verschiedene Bereiche. Denn nur ein bestimmter Teil der Saite schwingt tatsächlich frei und produziert den hörbaren Ton. Ein kleinerer Bereich lässt sich mit der Duplex-Skala separat zum Klingen bringen. Diese Technik charakterisiert hochwertigen Klavierbau und kommt in den großen AUGUST FÖRSTER-Flügeln in einer selbst entwickelten Variante zum Einsatz. Die Saite wird dabei über einen zusätzlichen, exakt positionierten Rundstahl geführt. Auf diese Weise lassen sich die hohen Töne der Flügel mit Obertönen anreichern. Sie erhöhen das Klangvolumen und sorgen beispielsweise im Zusammenspiel mit einem Orchester dafür, dass der Pianoklang gut hörbar bleibt.
Sind alle Saiten aufgezogen, wird ein Instrument zum ersten Mal gestimmt. Noch fünf weitere Male wird das passieren, bevor ein Klavier oder Flügel unsere Manufaktur verlässt. Gussplatte, Rasten, Saiten und Co. stehen jetzt erstmals voll unter Spannung. Ehe die Arbeiten am Instrument fortgeführt werden, beginnt eine rund vierwöchige Ruhezeit. Erst danach wird das Instrument weiter zusammengesetzt.